Uns dürstet nach Wissen und ertrinken in Informationen. Es ist wirklich paradox. Je mehr Daten erzeugt und aufgezeichnet werden, umso schwieriger wird es diese Daten in Informationen zu verwandeln, nach Relevanz zu sortieren und richtig zu interpretieren. Wir suchen nach der Nadel im Heuhaufen und machen den Heuhaufen deswegen größer. Hat FOMO (fear of missing out) schon soweit um sich gegriffen? Haben wir gar verlernt mit nur wenigen Informationen auszukommen und trotzdem Entscheidungen zu treffen?
In die Luft gegangen
Vor ein paar Jahren habe ich den Segelflugschein erworben. Das Schulsegelflugzeug war um einiges älter als ich und war mit folgenden Instrumenten ausgerüstet: Höhenmesser, Geschwindigkeitsanzeige, Variometer (zeigt die Steig- bzw. Sinkrate an) einem Kompass und einem künstlichen Horizont. Das modernste Gerät war das Funkgerät an Board. Mehr braucht es an Informationsquellen nicht um dieses Flugzeug sicher zu starten, zu fliegen und zu landen. Das einzige was es dazu noch braucht ist das entsprechende Wissen die angezeigten Informationen richtig zu deuten und zu interpretieren sowie die grundsätzlichen Mechanismen der Aerodynamik zu kennen. Auf die Wirtschaft umgelegt wäre das in etwa so, wie wenn man einen Konzern mit einer einfachen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung führt. Nicht unmöglich, aber ohne die entsprechende Übersicht und zeitnahe Verfügbarkeit der Informationen ein schwieriges Unterfangen.
Am Boden bleiben
In früheren Tätigkeiten in großen Unternehmen habe ich oft beobachtet, wie die extreme Fokussierung auf möglichst hundertprozentige Darstellung aller erfassbaren Daten den Blick für das Wesentliche vermissen ließen. Monat für Monat, Quartal für Quartal wurden Reports bis zur Dicke eines Telefonbuchs erstellt und ausgedruckt. In mehrfacher Ausfertigung versteht sich. In den seltensten Fällen wurden allerdings wirklich alle in Tabellen und schönen Balkendiagrammen dargestellten Zahlen beachtet und als Basis für Entscheidungen herangezogen. Schon damals schlug ich vor, für jeden neuen Report einen alten zu streichen. Außer, dass sich die Controlling-Abteilungen dadurch in Ihrer Existenz bedroht sahen, stieß das auf wenig Gefallen.
Weniger und besser
Der Formel1-Weltmeister Mario Andretti prägte den Spruch „Wenn die Dinge unter Kontrolle erscheinen, bist Du einfach nur nicht schnell genug.“ Ich möchte damit nicht sagen, dass mehr Informationen per se schlecht sind, aber ich plädiere stark dafür die relevanten Informationen zum richtigen Zeitpunkt verfügbar zu haben. Ein Weg dahin wäre, radikal auszumisten und wieder zurück zu den Basics, zum absolut notwendigen, zu gehen und bei jeder weiteren Informationsquelle kritisch zu hinterfragen, ob durch diesen Zugewinn an Informationen die Qualität der Entscheidungen leichter fallen und besser werden. Dafür ist die Qualität und Nachvollziehbarkeit der Daten besonders wichtig.
Über die Interpretation einer Information darf erst gestritten werden, wenn deren Herkunft unstrittig ist.
Denkanstößiges für die bevorstehende Woche
- Welche Informationen bekommen Sie laufend ohne sie wirklich zu beachten?
- Was wäre, wenn Sie ein Tag, eine Woche, ein Monat, ohne diese Informationen auskommen müssten?
- Ist die Art und Weise wie und woher Sie Ihre Informationen bekommen noch korrekt bzw. sinnvoll?
Ihnen einfach eine gute Woche,
Alexander M. Schmid
Der Vereinfacher
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Bonus-Zuckerl
So ein Käse
Eine Anekdote aus dem Londoner Kaufhaus Harrods erzählt, dass bei einer routinemässigen Kontrolle des Warenbestands in der Käseabteilung immer wieder darüber entschieden wird, welche Sorten im Sortiment verbleiben und welche nicht. Ausschlaggebend ist dafür die Absatzmenge und der Preis des Käses. Ein besonders teurer Käse stand zur Disposition aus dem Sortiment genommen zu werden, da nur sehr geringe Mengen verkauft wurden. Ein schlauer Controller hat diese Entscheidung hinterfragt und bei genauem hinsehen entdeckt, dass jene wenigen Kunden die diesen Käse kauften, jedes Mal zusätzlich noch andere Waren in einem hohen dreistelligen Betrag kauften. Eine Kundenbefragung zeigte, dass dieser spezielle Käse der Trigger für alle weitern Einkäufe war. Ohne ihn, würden sie woanders einkaufen und dem Kaufhaus entginge der gesamten Umsatz.
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Singuläre Betrachtung einzelner Informationen kann irreführend sein und falsche Entscheidungen zur Folge haben.