Die Konferenzsaison ist wieder im vollen Gange und ich nehme über die sozialen Kanäle alte und neue Themen wahr die um die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden und in letzter Konsequenz auch um die der EntscheiderInnen in der Unternehmensleitung wetteifern. Dabei stelle ich mir die Frage: müssen alle diese Themen von der Unternehmensleitung entschieden werden?
Wenn ja, dann verstehe ich wenn die dort agierenden Menschen von dieser Übermacht an Themen so beeindruckt werden, wie das Kaninchen von der Schlange. Eine Schockstarre tritt ein. Es wird ihnen einfach zuviel.
Aus meiner Sicht entsteht so eine Patt-Stellung durch falsche Erwartungshaltungen in der Unternehmensorganisation. Die zweite Führungsebene möchte sich von der Unternehmensleitung jede Entscheidung absegnen lassen (da Fehler machen ja meist nicht „erlaubt“ ist) und die Unternehmensleitung mischt weiter gerne im Tagesgeschäft mit, weil dort am ehesten das Machtbedürfnis befriedigt werden kann.
Führung ist Hebelwirkung
Eine Unternehmensorganisation, egal welcher Bauart, dient in erster Linie dazu, dass (durch den Einsatz einer oder mehrerer Ebenen) Aufgaben arbeitsteilig verteilt werden können die eine(r) alleine nicht bewältigen kann bzw. mehrere gleichzeitig erledigt werden können. Im Prinzip ist es angewandte Physik, nämlich in Form der Hebelwirkung: eine kleine Gruppe von Menschen kann mit Hilfe eines langen Hebels (=die Belegschaft) Großes bewegen. Wie man aus der Physik auch weiß, ist nicht nur die Länge des Hebels entscheidend, sondern auch die Position des Drehpunkts in Bezug zur Position der Last.
„Gebt mir einen festen Punkt im All, und ich werde die Welt aus den Angeln heben.“ – Archimedes
Unternehmenskultur als Dreh- und Angelpunkt
Die Unternehmenskultur eines Unternehmens ist also entscheidend für die Last die es zu heben vermag. Es müsste rein rechnerisch sehr viel mehr Personal eingestellt werden (= Länge des Hebelarms) um eine nicht optimale Position des Drehpunktes auszugleichen und das ist, zumindest in der westlichen Welt, nicht wirtschaftlich.
Viel wirtschaftlicher ist es hingegen, die Kultur entsprechend zu gestalten und vorzuleben. Womit ich zu meiner Vorstellung einer besseren Aufgabenteilung zwischen Unternehmensleitung und den Führungskräften komme.
Am und im Unternehmen arbeiten ist nicht das Gleiche
Die Unternehmensleitung arbeitet [ausschließlich] am Unternehmen. Das bedeutet, sie macht sich Gedanken über die Gestaltung der Zukunft der Organisation (warum gibt es sie überhaupt) und deren Rolle in der Gesellschaft. Aus diesen Überlegungen resultieren die Leitlinien innerhalb dessen sich die Führungskräfte frei entscheiden können und das Tagesgeschäft organisieren und abwickeln. Die Leitlinien vorzuleben, konsequent daran zu erinnern und einzufordern, dass ist die Aufgabe der Unternehmensleitung. So entsteht eine Unternehmenskultur als tragfähiger Drehpunkt für einen wirksamen Hebel.
Den Hebel richtig ansetzen
Technische Errungenschaften und Trends entwickeln sich gefühlt immer rascher. Einige davon werden unser aller Zusammenleben und die Art zusammen zu arbeiten wesentlich beeinflussen und verändern. Umso wichtiger ist es, die damit verbundenen Fragestellungen auf der richtigen Ebene oder beim richtigen Netzwerkknoten zu beantworten und nicht alles der Unternehmensleitung aufzubürden. Das wäre ganz einfach zu viel.