Vermächtnis
Gestern jährte sich der Todestag meiner Mutter zum zehnten Mal. Sind auch Sie in Gedanken auch häufiger bei den Verstorbenen als direkt an deren letzter Ruhestätte? Ob man sich wegen dieser fehlenden räumlichen Nähe weniger oft die Frage stellt, welches Vermächtnis die Verstorbenen einem hinterlassen haben?
Was bleibt greifbar
Die Frage nach dem was von einem Menschen bleibt wird immer schwieriger zu beantworten. Unsere Eltern die rund um das Ende des zweiten Weltkrieges geboren wurden, gehören zur letzten Generation die hauptsächlich noch haptisch greifbare Werke geschafft hat. Jeder hat wohl noch alte Fotoalben, Tagebücher, zerfledderte Kochbücher und ähnliches daheim und nutzt diese ab und zu sogar noch. Alle nachfolgenden Generationen habe bereits vorrangig digitale Werke geschaffen, deren Haltbarkeit mit noch einem großen Fragezeichen versehen ist. Das liegt zum einen an technischen Entwicklungen (hat jemand noch ein 5,25″ FloppyDisk Laufwerk daheim?) und zum anderen daran, dass es noch keine wirklich taugliche Lösung für einen digitalen Nachlass gibt.
Was bleibt von uns in anderen
Auch wenn davon auszugehen ist, dass es in absehbarer Zeit eine taugliche Lösung für unseren digitalen Nachlass geben wird, finde ich die Frage nach dem was wir in anderen hinterlassen viel spannender. In unserer Kindheit hatte jeder von uns eine oder mehrere wichtige Bezugspersonen. Meistens die Eltern oder Großeltern aber auch LehrerInnen oder vielleicht sogar eine Chefin oder Chef. Jeder von uns kann sich wahrscheinlich noch an diese Bezugsperson erinnern, die, in einer für uns selbst schwierigen Situation, an unsere Fähigkeiten geglaubt und uns unterstützt hat. Das ist jetzt zwanzig oder vielleicht sogar schon dreissig Jahre her. Eine sehr lange Zeit und doch trotzdem ist diese Erfahrung in uns tief verankert. Oftmals wissen diese Menschen gar nicht, welches Vermächtnis sie so anderen Menschen vermacht haben. Und wir erkennen erst sehr später, dass wir dieses Vermächtnis schätzen und in uns weiter tragen. Was wäre, wenn unsere Nachwelt etwas von uns in sich tragen würde?
Klein beginnen, groß wirken
Ich bin froh darüber, dass ich in meinem Umfeld Menschen kenne, die bereits in anderen für Momente der Motivation und Glaube an sich selbst gesorgt haben. Ich weiß das, weil ich selbst zu jenen dazu gehöre, die so Motivation und Glaube erfahren haben. Ich erinnere mich noch sehr gut an mein Schulabschlussjahr in dem der Klassenvorstand mich genau so unterstützt hat. Als er dann bei der Maturafeier meiner Mutter erzählt hat, wie ich mich bei der Matura nochmals gesteigert hatte, war sie sehr stolz auf mich und ich so beeindruckt, dass ich heute, sechsundzwanzig Jahre später, noch darüber schreibe. So wichtig es ist groß zu denken, so wichtig ist es auch im Kleinen zu beginnen. Wir wissen einfach nicht genau, welchen Einfluss wir haben. Unsere Messgrößen reichen nur eine Ebene weit. Niemand kann genau sagen, ob ein verkauftes Buch oder ein angesehenes Video auf YouTube nur eine Person oder doch mehrere Personen erreicht und so sehr beeindruckt hat das diese deswegen ihr Leben besser leben können.
Falls wir es doch eines Tages messen könnten, werden wir ein Endergebnis lebend nicht mehr erfahren. Unser Vermächtnis überdauert uns. Bleibt noch eines zu ergründen:
Welches Vermächtnis werden Sie eines Tages hinterlassen?
Ihnen einfach eine gute Woche,
Alexander M. Schmid
Der Vereinfacher
Macht es einfach.