Metaprobleme
„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“sagte schon Albert Einstein. Trotzdem beobachtet man dieses Verhalten immer wieder. Kürzlich wurde Trafiken (=Kiosk) in Österreich erlaubt ab September auch Coffee2Go zu verkaufen. Zum zweifelhaften Vorteil der Kundinnen und Kunden und dem Leidwesen vieler KaffeehausbetreiberInnen.
Wozu überhaupt Trafiken?
In meiner Kindheit waren die Trafiken für zwei Dinge bekannt: Zeitungen/Magazine und Rauchwaren. Die meisten Menschen kauften ihre Tages- und Wochenzeitungen in der Trafik da der Vertrieb via Abonnements und Zustellung per Post noch Seltenwert hatte. Auch die Hauszustellung in der Früh steckte noch in den Kinderschuhen und war meist den Großstädten vorbehalten. Zusätzlich gab es noch ausreichend Kolporteure an den Straßenkreuzungen die den Autofahrern bei der Rotphase die Tageszeitung ins Auto reichte. Mit der Zeit wurde das Sortiment um Fahrscheine, Briefmarken und vor allem Lotterieannahmestellen erweitert. Trafiken waren eindeutig der Kategorie Nahversorger zuzuordnen.
Abwarten und Kaffee trinken
Die bevorzugte Trafik meines Vaters war vor über dreißig Jahren schon etwas besonderes. Der Inhaber, Pfeifenraucher wie mein Vater, hatte damals schon eine Art Shop-in-Shop Lösung gefunden indem er ein Pfeifenfachgeschäft mit einer Trafik kombinierte. Im Trafikteil führte es das damals übliche Sortiment an Rauchwaren (auch Pfeifentabak) und im Pfeifengeschäftsteil führte er ein umfangreiches Sortiment an Pfeifen, Tabaken und notwendiges Zubehör für Pfeifenraucher. Die meisten anderen TrafikanntInnen hielten sich mit Innovationen oder Spezialisierungen nobel zurück. Viele der Geschäfte sehen heute noch so aus wie vor dreißig Jahren. Mit einer Ausnahme: durch die vielen Zusatzprodukte (Lotto, Glückwunschkarten, Gutscheinkarten, etc.) die auf dem Ladentisch platziert wurden, sieht man die Person hinter der Budl (=Tresen) kaum mehr.
Umsatz quo vadis
Es ist verständlich, dass durch Änderungen in der Gesetzeslage und der Gesellschaft, der wirtschaftliche Druck genug Umsatz zu erwirtschaften steigt. Die Suche nach noch mehr Produkten (mit möglichst hoher Gewinnspanne) ist ein intuitiver Zugang um dem geänderten Konsumverhalten entgegen zu halten. Immer weniger menschen rauchen, viele beziehen ihre Zeitungen online oder bekommen sie per Hauszustellung vor die Wohnungstüre geliefert und viele Lottospieler tippen sich online ihren Glückskick.
TrafikanntInnen die das Glück eines speziellen Standorts haben (Bahnhof, Flughafen, Spital, etc.), tun sich da etwas leichter. Deren Klientel ist wesentlich einfacher zu analysieren und ein entsprechendes Angebot zu gestalten. Für die übrig gebliebenen kleinen Nahversorger ist das nicht so leicht.
In Coffee veritas?
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Coffee2Go-Kultur in Österreich ziemlich etabliert. Auch die Qualität hat sich auf einem Niveau eingependelt, das für kleine Trafiken meiner Meinung nach schwer erreichbar sein wird. Neben der nicht unerheblichen Investition in eine gute Kaffeemaschine sind noch die laufenden Kosten – vor allem in Form von Zeit für die Zubereitung – zu kalkulieren. Die durchschnittliche Zeit um einen Zeitung und kaffeekaufenden Kunden abzufertigen wird recht wahrscheinlich länger. Für mich wäre es für einen Bäcker naheliegender zusätzlich Zeitungen zu verkaufen als für einen Trafikanten Kaffee(2Go) zu verkaufen.
Das Problem hinter dem Problem
Als Kinder haben wir unseren Eltern mit dem Frage „Warum?“ oft an den Rand des Wahnsinns getrieben. Die 5-Why-Methode ist da ein guter Ansatz um Problemen auf den Grund zu gehen und strukturiert zu lösen. Der Vorteil ist, sich vom Behandeln von Symptomen auf das Lösen des ursächlichen Problems zu fokussieren. Zu viele Quickfixes hintereinander führen langfristig dazu komplett den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal AUCH etwas machen/anbieten wollen.
Denkanstößiges für die kommende Woche
- Wieviele Quickfixes haben Sie zuletzt hintereinander wider besseren Wissens angewendet?
- Löst ein „war müssen das auch machen“ wirklich ein Problem oder nur ein Symptom?
- Welche Rahmenbedingungen haben sich seit/mit dem Problem/Symptom geändert?
Ihnen einfach eine gute Woche,
Alexander M. Schmid
Der VereinfacherMacht es einfach.