DHWISSG (Das haben wir immer schon so gemacht)
Vergangene Woche hatte ich wieder so einen DHWISSG Moment. Im Zuge einer Umstellung von einem recht papierlastigen Prozess auf einen digitalen Prozess kam heraus, dass versandte Rechnungen zusätzlich als Papierausdruck aufgehoben und nach Bezahlung archiviert werden obwohl die gleiche Rechnung im elektronischen Archiv abgelegt und per Mausklick zugänglich ist. Selbst eine Übersicht, welche Rechnungen noch offen waren, ist elektronisch auswertbar und braucht keine Schachtel, in der Kopien der offenen Rechnungen abgelegt werden. Der wirklich interessante Aspekt an dieser Tatsache ist aber, dass bei Frage an den jungen Mitarbeiter, warum er das denn so mache, folgende Antwort kam: „Mein Chef hat mir das so gesagt. Er macht das schon immer so.“
Bei genauerer Betrachtung ist das DHWISSG eine klare Unwahrheit. Ich muss dabei immer an den armen Frosch im Kochtop denken, der die langsam ansteigende Temperatur nicht bemerkt und keine Notwendigkeit zur Veränderung sieht. In der Arbeitswelt verhält es sich genauso. Die Dinge um einen herum verändern sich langsam aber stetig. Niemand macht seine Arbeit exakt so wie vor zehn Jahren. Und falls doch, dann wird eher früher als später ein unliebsames Erwachen eintreten.
Neue Werkzeuge – Neue Vorgänge
Selbst wenn manche Vorgänge noch die gleichen sind, die eingesetzten Hilfsmittel haben sich in den letzten Jahren stark verändert und damit den Gesamtprozess beeinflusst. Wenn viel früher der Bäcker seinen Brotteig noch mit der Hand gemischt und geknetet hat, übernehmen das heute Maschinen für ihn. Selbst die herrlich krachende Kaisersemmel wird heute maschinell hergestellt. Es gibt also keine Ausrede, sich von Zeit zu Zeit Gedanken darüber zu machen, warum ich die Dinge noch so mache wie ich sie mache. Noch besser wäre, zu hinterfragen warum ich sie überhaupt noch mache oder ob der Vorgang schon längst nicht mehr notwendig ist. (Die digital automatisch abgelegte Rechnung)
Neue Rahmenbedingungen – Neue Kunden
Mit einer vorhersehbaren Regelmäßigkeit hören wir immer von den Problemen der Milchbauern in der EU. Jahrzehntelang war es normal, dass die Bauern ihre Milch an Molkereien verkauft haben. Nachdem dieses Geschäft kaum mehr eines ist, haben einige Bauern ihren Ab-Hof-Verkauf verstärkt und sogar ihre eigene Marke geschaffen. Damit hat sich die Beziehung von Produzent-Zwischenhändler zu Produzent-Endkonsument verändert. Das mag auf den eigentlichen Produktionsprozess wenig Auswirkung haben, aber sehr wohl auf den Vermarktungsprozess. Für manche komplettes Neuland mit bis dato unbekannten Herausforderungen. In diesem Fall sich auf DHWISSG zu verlassen endet garantiert mit einer Bruchlandung.
Neue Kultur – Neuer Umgang
Die wichtigste Beobachtung im Beispiel mit dem jungen Mitarbeiter war, dass der Umgang mit dem was bisher war sehr wichtig ist. Keinesfalls darf man bei solchen Veränderungen den Eindruck erwecken, dass das bisher Geleistete falsch war. Gehen Sie einfach davon aus, dass zu jeder Zeit die angewandten Vorgehensweisen richtig waren. Richtig, weil Technologien oder andere Ressourcen wie Geld, Wissen und Fähigkeiten einfach noch nicht verfügbar waren. Heute ist der Umgang mit Veränderung wichtiger denn je, da ihre Geschwindigkeit eine noch nie dagewesene Höhe erreicht hat. Sich davor zu verschließen ist Realitätsverweigerung.
Und im Nachhinein schlauer zu sein, ist das beste Zeichen dafür, dass jetzt die Zeit gekommen ist es anders und besser zu machen.
Denkanstößiges für die bevorstehende Woche:
- Wie oft haben Sie letzte Woche DHWISSG gehört?
- Wie hoch schätzen Sie die Temperatur in Ihrem Kochtopf gegenüber vor zehn Jahren ein?
- Was würden Sie heute anders machen und warum tun Sie es nicht schon?