Schrittweise

Nächste Woche jährt sich diese Kolumne zum ersten Mal. Was als eine Challenge (neudeutsch für Herausforderung) für mich selbst begann, ist nun zu einer Gewohnheit geworden. Wie bei jeder neuen Gewohnheit die man sich absichtlich aneignen will, ist es jedes Mal eine Überwindung. Jeder von Ihnen, der sich vorgenommen hat mit dem Rauchen aufzuhören, regelmäßig Bewegung zu machen oder weniger oft nur daheim auf der Couch zu liegen und sich Netflix-Serien hineinzustreamen, weiß sicher was ich damit meine. Kaum eine Veränderung, schon gar nicht Änderungen des eigenen Verhaltens, klappt von heute auf morgen. Es braucht Zeit sich dem neuen Verhalten schrittweise zu nähern und zugleich, und das ist das Schwierigste an der Sache, sich vom alten Verhalten zu lösen. Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Stahlkugel zwischen zwei Magneten. Sie brauchen Einiges an Kraft und Beharrlichkeit um sich von der Anziehung des einen Magneten zu lösen um in das Anziehungsfeld des anderen Magneten zu gelangen. In diesem Kontinuum gibt es einen Punkt, an dem sich die Anziehung zwischen Alt und Neu genau die Waage hält. Überschreiten Sie diesen Tipping Point, wird es um ein Vieles einfacher sich dem Neuen zuzuwenden.

Was diese Kolumne betrifft, kann ich nicht mehr genau sagen, wann ich diesen Punkt überschritten habe. Jedenfalls war es der Punkt an dem ich erkannte, wieviel Zeit ich in etwa pro Kolumne brauche. Diese Erkenntnis sorgte für einen enormen Schub für mein schreiberisches Selbstbewusstsein. Sich selbst auf seine Fähigkeiten verlassen zu können, reduziert den Druck enorm und erlaubt mehr Freiheit in der Konzentration auf das Wesentliche – im Fall meiner Kolumne ist das die Themenfindung und Recherche.

Konzentration
Apropos Konzentration. Unser innerer Schweinehund ist sehr empfänglich für Ablenkungsleckerlis jeder Art. Um diese Kolumne (und andere Texte) zu schreiben, habe ich mir extra eine Software zugelegt, die außer einer Rechtschreibprüfung fast alle Formatierungsmöglichkeiten und ähnliches ausblendet. Nur ein Zeichenzähler läuft mit. Mit hilft das, die Konzentration zu behalten und meine Gedanken zu formulieren. Erst in einem Folgeschritt mache ich mir dann Gedanken über die Formatierung. Falls ich während des Schreibens noch etwas recherchieren muss, ist es noch immer eine Herausforderung nicht wieder in die Untiefen des Internets abzutauchen.

Dieses absichtliche Ausblenden von Reizquellen vermag erstaunliches zu leisten. Jede Reizquelle benötigt Energie von unserer Wahrnehmung. Je mehr Reizen wir ausgesetzt sind, umso mehr Energie benötigen wir um diese zu verarbeiten. Umgekehrt, wenn ich Reizquellen ausblende, bleibt mehr Energie für die eigentliche Aufgabe übrig und lässt sich damit rascher erledigen. Selbst Computer machen nichts gleichzeitig sondern nur sehr rasch hintereinander.

Manche Aufgaben machen uns Angst, weil wir dabei an zu viele Dinge denken die in Folge passieren könnten. Dieses „Angst lähmt“ ist nichts anderes als die Konzentration der Energie auf das was sein könnte anstatt auf das was gerade ist und im nächsten Schritt sein soll. Wenn ein Seiltänzer auf einem Seil balanciert, ist es egal ob das Seil 50cm über dem Boden oder in 10 Meter Höhe gespannt ist. Das dem so ist, lässt sich nur durch eine schrittweise Annäherung an diese Höhe erkennen.

Über sich hinauswachsen
Es gibt immer wieder Situationen in unserem Leben, die auf den ersten Blick unüberwindbar erscheinen. Das dem nicht so sein muss, beweisen viele Menschen tagtäglich. Bei manchen bemerken wir es, bei vielen aber nicht. Und bei uns selbst? Viele von Ihnen haben solche Situationen ebenfalls schon durchlebt und ich wette, es gelang Ihnen. Schrittweise.

Denkanstößiges für die bevorstehende Woche

  • Welchen ersten Schritt setzen Sie selbst in der kommenden Woche?
  • Welche Ablenkungen werden Sie von Beginn an ausblenden/abstellen?
  • Wem möchten Sie auch dabei helfen den ersten Schritt zu setzen und bis in die Endzone zu begleiten?

Ihnen einfach eine gute Woche,

Alexander M. Schmid
Der Vereinfacher

Similar Posts