Herbstliches
Der Wetterumschwung pünktlich zum meteorologischen Herbstbeginn war doch ziemlich abrupt. Früher, als es noch die sogenannte „Übergangszeit“ gab, vollzog sich der Wechsel zwischen den Jahreszeiten noch etwas fließender und gefühlt angenehmer. Aber auch daran werden wir uns gewöhnen (müssen). Grundsätzlich ist die Einrichtung der Jahreszeiten ein sehr praktikables Ritual der Natur. Ein Ritual, dass in der menschlichen Zivilisation leider ziemlich in Vergessenheit geraten ist und meist (am Land) nur mehr in der Kategorie Folklore gepflegt wird.
(Un)Natürlich
Die in unseren mitteleuropäischen Breiten üblichen vier Jahreszeiten haben den Menschen über Jahrtausende geprägt. Laienhaft formuliert: diese Abfolge ist tief in uns drin. Es ist also natürlich, dass sich die Umwelt in diesen regelmäßigen Abständen verändert und wir uns daran anpassen. Die von Menschen geschaffenen (technischen) Möglichkeiten versetzen und inzwischen in die Lage, diese Naturgegebenheit auszuhebeln. Sei es durch schnelles reisen in andere Gegenden, durch Glashäuser die ganzjährig saisonales Obst und Gemüse produzieren, oder Hallen in denen man auch im Sommer Skifahren kann. Alles überall, an jedem Ort und zu jeder (Jahres)Zeit zu bekommen ist inzwischen keine Utopie mehr sondern gelebte Realität.
Saisonales
Diese Verfügbarkeit ohne zeitliche und örtliche Grenzen hat aber ihren Preis. Einerseits den Preis der Produktion und des Transport der Produkte und andererseits, den Preis der fehlenden Wertschätzung. Gastronomen mit Sinn für Qualität haben es inzwischen erkannt, dass saisonal wechselnde Gerichte nicht nur qualitativ höherwertig zubereitet werden können sondern auch immer wieder erneut Anlass sind, Kunden einzuladen. Spargelwochen, Wildwochen, Sturmzeit, Marillenernte – um nur einige Klassiker zu nennen. Auf Kundenseite entsteht immer wieder diese Vorfreude auf etwas Abwechslung und das Besondere. Auch andere Branchen haben die Saisonalität als sinnvollen Rhythmus längst erkannt. Man denke an Mon Cheri oder das Bockbier. Die Modebranche pflegt die saisonale Orientierung ebenfalls seit langem, hätte aber inzwischen eine Justierung an die neuen klimatischen Gegebenheiten dringend nötig.
Phasenweise
Selbst Unternehmen haben durch ihre Unterteilung eines Jahres in Quartale in gewisser Weise Jahreszeiten definiert. Anders als in der Natur, liegt bei Unternehmen der Schwerpunkt meist im letzen Quartal, in dem versucht wird, die am Anfang des Jahres gesetzten Ziele doch noch zu erreichen. Darüber hinaus wird durch die zum Teil extreme Orientierung auf das jeweilige Quartalsende das Ganzjahresergebnis aus den Augen verloren.
Was wäre, wenn man sich mehr an der Natur orientiert und die unternehmerische Entwicklung den Jahreszeiten anpasst?
Frühling: Aufbereiten des Bodes und sähen der Projekte
Sommer: Projekte pflegen und gedeihen lassen
Herbst: Erfolge ernten
Winter: Evaluieren, (aus)ruhen und Projekte für das nächste Jahr planen
Es hat schon seinen Grund, warum die Schwangerschaft bei Menschen neun Monate dauert und keine zwölf. Vielleicht ein Indiz dafür, Projekte die Hand und Fuß haben sollen, ebenfalls nicht länger als neun Monate dauern zu lassen?
Denkanstößiges für die bevorstehende Woche
- Brauchen Sie wirklich immer alles und zu jeder Zeit?
- Welche Ihrer Tätigkeiten würden durch Saisonalität an Wert gewinnen?
- Womit gehen Sie gerade schwanger?*
Ihnen einfach eine gute Woche,
Alexander M. Schmid
Der Vereinfacher
*Sie können es mir gerne mitteilen und eine Frage dazu stellen.
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