Traditionen
Traditionen wie Weihnachten sind uns seit unseren Kindheitstagen bekannt. Rückblickend meist mit der Erinnerung an die wirklich schönen und erfreulichen Erlebnisse. Der Rest gerät mit der Zeit einfach in Vergessenheit. Ein praktischer Mechanismus um sich nicht dauerhaft damit zu belasten.
Das traditionelle Heiligabendprogramm
Ich erinnere mich noch gut an die vielen Weihnachten, zu denen meine Großeltern bei uns daheim zu Besuch waren. Vormittags wurden mein Bruder und ich zu Oma und Opa gebracht, damit meine Eltern in Ruhe den Baum schmücken, kochen und manchmal sogar noch die letzten Geschenke besorgen konnten. Da meine Oma am späteren Vormittag meist schon mit dem Mittagessen kochen beschäftigt war, lag es an meinem Opa mich und meinen Bruder zu beschäftigen. Manchmal fuhren wir auf den Zentralfriedhof, manchmal gingen wir auf der Donauinsel spazieren oder wir bauten mit dem riesigen Matador-Holzbaukasten unglaubliche Dinge zusammen. In Erinnerung sind mir dabei eine fast ein Meter lange Dampflokomotive und ein gut achtzig Zentimeter hohes Riesenrad geblieben. Das war alles noch lange vor der Zeit des Internets und Smartphones mit Apps. Farbfernsehen gab es schon.
Das traditionelle Essen
In sehr vielen Familien ist das Essen zu Weihnachten Jahr für Jahr gleich. Abends gab es dann immer gebackenen Fisch. Nur für mich nicht, da ich nach einer Überdosis Fischstäbchen in früher Kindheit keinen Fisch mehr sehen konnte. Für mich gab es immer etwas anderes. Traditionell war auch das Wetteifern meines Opa mit meiner Mutter um die höchste Anzahl an Fischgräten am Ende des Abendessens.
Die traditionellen Verwandtenbesuche
Ebenso üblich waren die gegenseitigen Besuche der Verwandtschaft die schon im Laufe der Vorweihnachtszeit penibel geplant wurden. Selbstverständlich auch mit einer Abstimmung des Abendmenüs damit man nicht in die Gefahr kam an zwei Abenden hintereinander womöglich das Gleiche serviert zu bekommen. Bei den Weihnachtskeksen wurde das nicht so genau gehandhabt. Zumal es manche Tanten gab die dem Backen mehr abgewinnen konnten als andere und somit den Rest der Familie gut versorgten.
Mit Traditionen brechen
Manchmal ergibt es sich einfach, dass man mit Traditionen brechen muss. Sei es, weil bestimmte Menschen nicht mehr unter uns sind, weil Menschen eine neue Familie gefunden haben, oder auf einem anderen Kontinent leben und dort neue Traditionen entwickelt haben. Traditionen ändern sich so wie wir uns ändern. Ein stetiges Anpassen an neue Gegebenheit ist notwendig und wichtig um gewisse Verhaltensmuster beizubehalten. Es nicht wichtig, dass wir jedes Jahr zu Weihnachten immer das gleiche essen. Wichtig ist, dass wir uns zu Weihnachten zusammenfinden und gemeinsam einen Abend verbringen. Und selbst wenn wir einmal Weihnachten woanders feiern, bricht deswegen keine Welt zusammen. Im Gegenteil. Es eröffnet allen Betroffenen die Möglichkeit, den besagten Abend anders und mit anderen Menschen zu gestalten. Wer weiß, welche neuen Impulse sich dann für das nächste Jahr ergeben wenn man wieder in gewohnter Zusammensetzung feiert.
Neue Traditionen entwickeln
Als meine Mutter noch lebte, hat sie eine neue Tradition ins Leben gerufen und im Advent an einem Sonntag die gesamte Verwandtschaft im Gartenhaus meines Opa eingeladen und eine Adventjause organisiert. Nachdem sie verstarb hat meine Cousine beschlossen, diese Tradition weiter zu führen. Die nächste Generation übernahm das Ruder. Seit damals findet diese Adventjause nun statt. Jedes Jahr bei jemand anderen daheim. Heute, am dritten Adventssonntag, wenn Sie diese Kolumne lesen, bin ich an der Reihe. Zumindest einmal im Jahr versammeln wir uns gemeinsam und bringen und gegenseitig wieder auf den aktuellen Stand. Es ist und bleibt eine andere Qualität sich persönlich zu treffen als nur Facebook-Statusmeldungen zu lesen. Und dennoch wird mein in Kanada lebender Bruder via Live-Schaltung per Skype mit dabei sein. Eine weitere neue Tradition hat sich entwickelt.
Ihnen eine einfach gute Woche,
Alexander M. Schmid
Der Vereinfacher
Macht es einfach.