Digitalminimierung
Der Jahreswechsel oder andere prägnante Zeitpunkte werden ja gerne dafür herangezogen um Veränderungen zu starten. Für mich ist es heuer der Beginn der Fastenzeit. Ich werde am Aschermittwoch meine „digitale Fastenzeit“ beginnen und Digitalminimierung betreiben. Keine sozialen Medien, keine visuellen Streaming Dienste. Nur mehr Email, persönliche Gespräche, Telefonate oder Videochat.
Ausgangspunkt
Seit es das Feature „Bildschirmzeit“ gibt, beobachte ich mein Nutzungsverhalten vor dem Bildschirm genauer und die Erkenntnisse daraus habe mich überrascht. Um meine Bildschirmzeit zu reduzieren, habe ich einiges ausprobiert aber noch nicht den gewünschten Erfolg erzielt. Erst ein kürzlich gelesenes Buch hat mir viel versprechende Ansätze geliefert die ich nun konsequent umsetzen möchte. Die Zeit der Digitalminimierung ist der erste Schritt.
Auf ein Neues
Wie in der Fastenzeit traditionell üblich, verzichtet man auf bestimmte Gerichte, streicht oder reduziert den Genuss von Alkohol und anderen Genussmitteln um dann ab dem Ostersonntag wieder so weiter machen wie zuvor. Damit erreichen wir aber nur einen kurzzeitigen Effekt für unseren Körper und Geist und nichts was uns dauerhaft gesünder macht. Meine Aufgabe während der 40tägigen Digitalminimierung wird es sein, nicht nur die Nutzung meines bisherigen Verhaltens zu analysieren sondern auch ein komplett neues Szenario für danach zu entwerfen.
Digital Minimalism
Das gleichnamige Buch von Cal Newport hat mir dafür den Weg geöffnet, da es nicht nur die psychologischen Hintergründe für unser Verhalten liefert sondern auch gute Ansätze um mit den digitalen Möglichkeiten besser umzugehen. Es geht dabei nicht um eine Technikverweigerung sondern um die sinnvolle Nutzung für den Zweck den wir uns ausgesucht haben.
Your Time = Their Money
Im obengenannten Buch wird gut beschrieben, dass wir in der Hochblüte der Attention Economy leben. Google, Facebook & Co leben davon, dass wir möglichst viel Zeit mit deren Angeboten verbringen, da sie so mehr Werbung verkaufen können. Das wir damit als Nutzer zum Produkt „Werbekunde“ geworden sind, wurde von uns zwangsläufig akzeptiert. Spannender Weise ist diese Entwicklung schon auf das vorherige Jahrhundert zurückzuführen. Bereits 1830 wurde erstmalig mit dem Abdruck von Werbung in einer Zeitung dieser Umschwung eingeleitet. Bis dahin waren die Leser Kunden und sie bezahlten für die Artikel und Texte in der Zeitung. Mit der Werbung wurden die Kunden zum Produkt und die Werber die Kunden der Zeitung.
Mehr und bessere Intention
Bei der Recherche für das Buch fragte Newport (der von sich sagt nie ein Facebook-Account gehabt zu haben) Facebook-NutzerInnen was er denn davon hätte, es zu nutzen. Er bekam zweierlei Antworten. Einerseits, recht unspezifische wie z.B.: „schau einfach mal rein und vielleicht entdeckst Du etwas von dem Du noch nicht wusstest das es dir helfen wird.“ Das beschreibt ziemlich genau das unter dem Kürzel FOMO bekannte Verhalten „Fear of missing out“ – die Angst etwas zu verpassen. Andererseits bekam er erzählt, wie einfach es denn damit nicht wäre mit Bekannten und Freunden an verschiedensten Orten der Welt in Kontakt zu bleiben und an deren Leben teilhaben zu können. Letzteres ist ein valider Punkt. Die Frage die man sich als „Digital Minimalist“ dazu aber stellen muss ist: ist Facebook, oder jedes andere (social media) Werkzeug, dafür die beste (technische) Möglichkeit um diesen Zweck zu erfüllen?
Absicht und Erwartungen
Genau um diese Evaluierung wird es mir in den kommenden Wochen gehen. Welche (digitalen) Werkzeuge sind die passenden, um mit minimalem Aufwand maximale Wirkung zu erzielen, die mir dabei hilft meinen Zweck zu erfüllen.
Womit die Zeit füllen?
Es mag seltsam klingen, aber eine der wichtigsten Vorbereitungen für dieses Experiment ist es, sich damit auseinanderzusetzen, was man mit der frei gewordenen Zeit anfangen möchte. Ich für meinen Teil, habe noch einige Bücher die ungelesen auf mich warten und ein anderes Projekt, dass ich bis dato vor mir hergeschoben habe, wartet auf noch auf seinen Start. Die Insider wissen wovon ich rede.
Komplett offline?
Nein, keine Sorge. Meine Kolumne wird auch weiterhin regelmäßig erscheinen und es ist gut möglich, dass ich darin auch über meine Erkenntnisse und Erfahrungen berichten werde. Sie werden mich auch weiterhin per Email, telefonisch oder persönlich erreichen und mit mir in Kontakt treten können.
Ihnen einfach eine gute Woche,
Alexander M. Schmid
Der Vereinfacher
Macht es einfach.