Datenerbe
Seit dem Beginn der Personalisierung des Internets legt jeder von uns, ob wir wollen oder nicht, einen digitalen Fußabdruck an. Je nach Intensität der Internetnutzung nimmt dieser an Größe und Tiefe zu. Was aber passiert mit diesen gesammelten Daten wenn wir sterben? Was wollen Sie das mit Ihrem Datenerbe passiert?
Zu Lebzeiten
Letztes Jahr habe ich das Projekt „Bestattungskonfigurator“ geleitet. Ziel dieses Online-Tool ist es, eine Bestattung eigenständig zu konfigurieren und mit der getroffenen Auswahl bei einem persönlichen Beratungsgespräch die letzten Feinheiten zu besprechen. Ähnlich wie Sie das von einem Auto-Konfigurator kennen. Im Laufe des Projektes bekam ich einen tiefen Einblick in das was wir alle gerne vor uns herschieben und verdrängen. Dazu gehört auch zunehmend die Thematik unserer Daten die wir zu Lebzeiten anhäufen.
Unser (Daten)Erbe
Wer von Ihnen schon ein Testament aufgesetzt hat weiß, welche Möglichkeiten einem offen stehen, für vor allem physische Güter, spezielle Vorkehrungen zu treffen. Wer von Ihnen schon in einem Nachlassverfahren beteiligt war weiß, wie lange so ein Verfahren dauern kann und welche Unstimmigkeiten dabei auftreten können. Alles was in einer Wohnung oder einem Haus greifbar und sichtbar vorhanden ist, kann nach Einigung recht einfach aufgeteilt werden. Mit nicht wirklich sichtbaren und nur digital vorhandenen Gütern gestaltet sich das wesentlich schwieriger.
Elektronische Werte
Da sich immer mehr von dem was wir zu Lebzeiten schaffen in den nicht haptischen, digitalen Raum verlagert, ist es notwendig dafür das Bewusstsein zu schaffen, diese dort vorhandenen ideellen und materiellen Werte darzustellen. Die frühere Plattensammlung, die Bibliothek, die Fotoalben, geschriebene Manuskripte, Skizzen und Entwürfe auf Papier – all das war irgendwo in angreifbarer Form vorhanden und auffindbar. Heute sind diese Werke on elektronischer Form in der Cloud oder auf Festplatten gespeichert, von denen die Hinterbliebenen erst wissen müssen um darüber entscheiden zu können, was damit passieren soll.
Die üblichen Verdächtigen
Die meisten Menschen mit denen ich bis jetzt über dieses Thema gesprochen habe, denken zuerst an die üblichen Social Media Accounts von Facebook, Instagram, Twitter und Co. Diese sind aber nicht das eigentliche Problem, da diese zum Teil schon Prozesse etabliert haben um das Account zumindest einzufrieren und keine weiteren Kommentare zuzulassen. Zusätzlich ist durch die starke Verbreitung vielen Menschen und auch Angehörigen bekannt, dass diese Accounts existieren.
Die vielen Unbekannten
Machen Sie mal einen kurzen Test und zählen Sie die in Ihrem Browser oder Password-Manager gespeicherten Zugangskonten. Sie werden überrascht sein wieviele das sind. Ich kam auf knapp 270 Zugangskonten. Einige davon nutze ich regelmäßig, andere nur sehr sporadisch und ganz andere sind inzwischen schon obsolet. Mir persönlich wäre es ein Anliegen, dass nach meinem Ableben „reiner Tisch“ gemacht werden kann und es eine klare Anleitung gibt was mit den Daten zu passieren hat.
Lösungsansatz
Zumindest in Europa hat man mit der Sterbeurkunde und einem Notariatsschreiben die Möglichkeit bei all den Online-Diensten virtuell vorstellig zu werden und die Herausgabe der Daten, Überweisung etwaiger Guthaben, oder Löschung der Daten zu veranlassen. Das ist aufwendig und funktioniert nur wenn man von der Existenz der Onlinekonten weiß. Hier wäre ein sich selbst aktualisierendes Verzeichnis hilfreich das alle aktiven Konten auflistet. Ergänzend könnte man noch die Informationen hinterlegen, was mit den jeweils darin enthaltenen Daten passieren soll. Dann wäre es nur mehr notwendig, im eigenen Testament auf dieses Verzeichnis hinzuweisen oder in der analogen Dokumentenmappe ein entsprechendes Dokument zu hinterlegen. Vielleicht löst sich das Problem in zig Jahren, wenn alle unsere Transaktionen und digital Assets in der Blockchain dokumentiert sind. Aber bis dahin wird unser Datenerbe noch sehr, sehr viele Daten und Inhalte anhäufen über die am Tag X entschieden wird. So oder so.
Ihnen einfach eine gute Woche,
Alexander M. Schmid
Der Vereinfacher
Macht es einfach.