Disruption ist aktuell ein Buzzword ohne das kaum eine wirtschaftlich-, unternehmerisch- oder technisch orientierte Veranstaltung auskommt. Alle reden darüber doch wissen auch alle worum es dabei geht?
Bemüht man Wikipedia, dann findet man dort den Begriff „Disruptive Technologie“ der im Wesentlichen aussagt, dass es sich dabei „um eine Innovation handelt, die eine bestehende Technologie, ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung möglicherweise vollständig verdrängt.“ Soweit so gut. Das kennen wir ja bereits von (viel) früher als die Pferdekutsche durch das Auto ersetzt wurde und, für die jüngeren unter uns, als SMS senden von WhatsApp abgelöst wurde.
Was finden wir nun an dem, was sich hinter diesem Buzzword verbirgt, so bedrohlich? Große Unternehmen werden von vielen kleinen StartUps in Ihrer Existenz bedroht, da diese mit vergleichsweise geringen Mitteln aber vor allem mit keinem historischen Rucksack an Verpflichtungen, neuen (und oft auch viel besseren) Nutzen stiften und Ihnen so die Kunden weglocken. Manche Großunternehmen reagieren darauf indem sie die kleinen aufkaufen und vom Markt verschwinden lassen, manche probieren deren Lösungen als neue Marke zu etablieren und in den großen Konzern einzugliedern und wiederum andere gehen Partnerschaften ein. Frei nach dem Motto: if you can’t beat them, join them. Nicht zu reagieren ist jedenfalls fatal und endet kurz oder lang im Totalverlust der Kunden und des Geschäfts. Bestes Beispiel dafür ist die US-amerikanische Videotheken-Kette Blockbuster die binnen kürzester Zeit ein Opfer des Videostreaming-Dienstes Netflix wurde.
Was macht die Disruption für den Menschen gefühlsmässig so bedrohlich?
Die Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit der Veränderung macht uns zu schaffen – damit müssen wir erst lernen umzugehen.
Die Digitalisierung unserer Kommunikation, also auch der Austausch von Daten jeglicher Art, passiert in Sekundenbruchteilen rund um den Erdball und ermöglicht, dass technologische Entwicklungen in immer kürzeren Durchlaufzeiten machbar werden. Wenn man diesen Umstand mit der menschlichen Evolution vergleicht, die ja auch nichts anderes ist als eine stetige Anpassung an neue Gegebenheiten (also eine Art biologische Disruption – Stichwort Selbsterneuerung der Körperzellen), dann wird einem klar, dass es schlichtweg nicht natürlich ist sich so schnell zu verändern. Der Mensch ist zwar fähig und auch intelligent genug das zu bewerkstelligen, aber mit der aktuellen Geschwindigkeit überholen wir uns derzeit noch selbst. Noch.
Die nächste Generation wird damit sicher schon anders umgehen können. Die aktuelle Generation, die momentan an den Steuerhebeln der Entwicklung sitzt, hat damit aber definitiv ein Problem für das es noch keine Lösung gibt.
In einem gestern besuchten Vortrag zum Thema „Digitale Disruption – Wie Sie Ihr Unternehmen auf das digitale Zeitalter vorbereiten“ wurden zwei Aspekte schnell klar. Erstens, in Europa haben wir (= viele Unternehmen) die erste Welle der Digitalisierung (und somit auch der Disruption) verschlafen. Und zweitens, ist das Augenmerk auf den Mensch, und wie er mit den Folgen zweiter und dritter Ordnung umgehen soll, noch kaum bedacht worden. Wenn zum Beispiel in 5-10 Jahren der Anteil an selbstfahrenden Autos ansteigt, passieren, und davon kann man ausgehen, weniger Unfälle. Das ist einerseits gut, aber andererseits, für jene die eine Organspende brauchen, schlecht. Ob bis dahin eine andere Technologie, nämlich der 3D-Druck von Organen bereits soweit ist um das auszugleichen wird sich zeigen.
What is the Job to be done?
Der Erfinder des Begriffs Disruption, Clayton M. Christensen, hat eine wirkungsvolle Frage entwickelt: What is the Job to be done? Was ist die zu erledigende Aufgabenstellung? Zur Veranschaulichung: „der Kunde will keinen 8mm Bohrer sondern ein 8mm Loch“
Diese Frage ist in zweierlei Hinsicht interessant. Erstens für Unternehmen, um sich im Idealfall selbst zu „disrupten“ und sich neue Lösungen für Kundenbedürfnisse auszudenken. (Hinweis: ein Kundenbedürfnis ist nicht gleichzusetzen mit einem Kundenwunsch) Zweitens ist diese Fragestellung für MitarbeiterInnen der Unternehmen interessant, da davon die eigene Aus- und Weiterbildung abhängt. Alte Fähigkeiten werden mit der Zeit obsolet und neue Fähigkeiten notwendig um die „jobs to be done“ innerhalb des Unternehmens erfüllen zu können. Auch hier besteht Bedarf an Aufklärung und eines entsprechenden Angebots für lebenslanges Lernen inner- und außerhalb der Arbeitszeit.
Diese Erkenntnis zum Schluss soll zugleich der Anfang neuer Überlegungen sein, wie sich die eröffnenden Chancen menschlich nutzen lassen. Schließlich sollten auch in Zukunft Menschen mit Menschen für Menschen arbeiten und die Technologie uns dabei unterstützen.