Nicht noch ein Artikel über Digitalisierung. Das muss man sich unweigerlich fragen, wenn man die gefühlten letzten hundert Jahre nichts anderes mehr in Fachmedien und inzwischen sogar den Boulevard-Tageszeitungen liest.

Letzteres ist ein untrügliches Zeichen, dass diese Entwicklung, die übrigens mehr eine gesellschaftliche als eine technologische ist (aber dazu später mehr), wirklich alle betreffen wird. Tatsächlich betrifft uns die Digitalisierung bereits schon jetzt, so wie der Klimawandel auch. Mit einem Unterschied: der Klimawandel wird etwas „sanfter“ mit uns umgehen.

Wie bei jeder großen Veränderung gibt es zwei Möglichkeiten: man kann sich frühzeitig damit auseinander setzen und neue Möglichkeiten suchen oder den Kopf in den Sand stecken um dann später, zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, völlig davon überrascht zu werden. Die zweite Herangehensweise endet in den allermeisten Fällen mit dramatischen Verwerfungen. Im unternehmerischen Kontext bedeutet das dann „gesundschrumpfen“, fusionieren oder Insolvenz.

Einfach digital werden – geht das?
Bevor man sich in (technischen) Details verliert, eine kurze Klärung: Digitalisierung bedeutet einerseits eine nahezu vollständige elektronische Abwicklung unterschiedlichster Kommunikationsaufkommen (zwischen Menschen, zwischen Maschinen und zwischen Mensch und Maschine) und andererseits dadurch erst möglich werdende Produkte und Dienstleistungen.

„Eine Organisation darf man nicht digitalisieren sondern muss eine digitale Zukunft für sie entwerfen.“

 Um also einfach, sinnvoll und effizient digital zu werden, muss man vom Ende her denken. Welche zukünftigen Szenarien werden sich etablieren und was benötigen wir an Voraussetzungen dafür? Zuerst alle Abläufe in einem Unternehmen zu digitalisieren um dann zu erkennen das sie obsolet sind, macht daher kein Sinn.

Digital werden, benötigt eine sehr intensive Beobachtung der Verhaltensweisen von Menschen und die antizipative Entwicklungen der eigenen und anderer Branchen. Der Vorteil dieser Beobachtungen und Überlegungen außerhalb des Status Quo, erlaubt, mit geringen Mitteln auf grüner Wiese, Neues auszuprobieren und sich iterativ dem zukünftigen Status Quo anzunähern.

Wie wir alle beobachten können, gibt es eine Branchen die Vorreiter dieser Entwicklungen sind und deren Kundenerlebnisse auf die anderen, hinterherhinkenden Branchen, projiziert werden. Wenn beispielsweise ein Baumarkt seine Produkte auch online anbietet, dann ist die Erwartung auf Kundenseite jene die er von Amazon her kennt. Deswegen ist eine Beobachtung auf Ebene des Vorgangs (online einkaufen) viel wichtiger als ein Vergleich wie es der Mitbewerber macht.

Ein Objekt zu vergolden ändert nur das Erscheinungsbild aber nicht den Objektkern. Genauso verhält es sich mit der Digitalisierung einer Organisation.

Digitalisieren ≠ digital werden.

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