#154 | Digitalfasten
Digitalfasten ist der bewusste, temporäre Verzicht auf übermäßige Nutzung von digitaler Kommunikation. Vor allem das rasende Ping-Pong diverser sozialer Medien wie Facebook, Twitter und Co. verleitet zur unterbrechungsfreien Nutzung. Diese mentale Dauerbelastung unseres Gehirns und die physische Belastung unserer Augen sowie Körperhaltung verdient eine Erholungsphase. Zumindest einmal im Jahr.
Rückschau
Bereits letztes Jahr habe ich mir Digitalfasten selbst verordnet. Rückblickend sage ich heute „gegönnt“ dazu. Zugegeben, wie alles Neue, war es die ersten paar Tage ungewohnt und es machten sich leichte Entzugserscheinungen bemerkbar. Das bekannte FOMO – Fear of missing out – ist für jemanden, der sehr an (tagespolitischen) Neuigkeiten interessiert ist wie ich, durchaus ein Thema. Allerdings kann ich nun auch berichten, dass selten so etwas wirklich Wichtiges passiert, dass man ohne diese Information nicht doch auch gut weiter leben kann. Und sollte wirklich die Welt untergehen, bin ich davon überzeugt, dass man das auch auf anderen Wegen mitbekommt.
Das Fasten
Das Fasten an sich kennen wir hauptsächlich im religiösen Kontext. Neben diesem und anderen Gründen, ist das Fasten als Vorbereitung auf ein besonderes Ereignis gedacht. Ein anderer Aspekt ist aber die Erhöhung der Willenskraft und Vorbereitung auf spezielle Herausforderungen. Auf etwas zu verzichten und der Versuchung zu widerstehen, hat viel mit Willenskraft zu tun. Habe ich mich soweit unter Kontrolle, dass ich auf dieses oder jenes [zeitweise] verzichten kann? Fasten ist einfach eine Übung zur Überwindung des inneren Schweinehunds. Egal ob es sich um die Nutzung von digitalen Medien, Alkohol, Sex oder andere Dinge & Tätigkeiten handelt. Zu wissen, dass man auch ohne kann, ist ein befreiendes Gefühl der Unabhängigkeit.
Mehr bewußt wahrnehmen
Der bewusste Verzicht auf etwas schärft die Wahrnehmung wenn man den Verzicht wieder beendet. Besonders bei den klassischen Suchtmitteln wie Alkohol oder Zigaretten kennt man ja den Effekt, dass nach einiger Zeit Verzicht die erste Zigarette oder das erste Glas Wein eine besondere Wirkung auf einen haben. Es geht aber nicht um diesen besonderen Kick nach dem Fasten, sondern um die Überlegung bis dahin welchen Dingen man sich danach mit geschärften Fokus widmen möchte. Welchen Menschen folge ich bewußt auf Twitter, welche Seiten interessieren mich wirklich auf Facebook, welche Podcasts bringen mir einen persönlichen Nutzen. Diese bewusste Entscheidung kann während der Fastenzeit in Ruhe reifen.
Gänzlich offline?
Um es gleich vorweg zu nehmen: auch ich bin in der Zeit nicht vollkommen offline. Das geht auch schon aus beruflichen Gründen nicht. Zumindest derzeit noch nicht. Vielmehr geht es um die bewusste Nutzung der digitalen Medien und Kommunikationsmittel die wir tagtäglich nutzen. Vieles kann mit Hilfe von Metatools voraus geplant werden um die direkte Interaktion in Form von Likes oder Kommentare kommentieren technisch auszuschließen. Um es mir leichter zu machen, lösche ich für diese Zeit auch meine entsprechenden Apps von meinem Telefon und Tablet. In ganz dringenden Fällen kann man ja noch immer über das Internet einsteigen und etwas korrigieren.
Mehr Zeit für Persönliches
In den ersten Tagen werden Sie merken, dass Ihnen plötzlich mehr Zeit zu Verfügung steht. Diese Zeit können Sie nun mit anderen Aktivitäten verbringen und zum Beispiel wieder mehr Menschen persönlich treffen anstatt nur zu chatten. Ich nutze die Zeit auch um mehr analog zu lesen und zu schreiben. Auch das geht ohne die diversen digitalen Ablenkungen viel konzentrierter und effizienter von der Hand.
Aus vielen medizinischen Studien ist bekannt, dass erst ein dreiwöchiger Urlaub wirklichen Erholungswert für Geist und Körper bietet. Deswegen ist es auch praktisch, dass die Fastenzeit sogar fast doppelt zu lange dauert und man wirklich genügend Zeit hat „runter zu kommen“. Vom letzten jahr weiß ich persönlich, dass einerseits die erhofften Vorteile alle eingetreten sind und andererseits ich Ihnen versichern kann, dass Sie wirklich nichts versäumen werden.
Ihnen eine einfach gute Woche und erfolgreiches Digitalfasten,
Alexander M. Schmid
Der Vereinfacher
Macht es einfach.